Autokonzerne pressen Zulieferer aus bis an den Rand der Insolvenz

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Derzeit melden sich bei der Negotiation Advisory Group (NAG) gehäuft mittelständische Autozulieferer, die alle das gleiche Problem haben: Aufgrund der Corona-Krise und den Friktionen in den Lieferketten reduzieren die großen Autokonzerne ihre Produktionszahlen und melden die bei ihren Zulieferern bestellten Stückzahlen in erheblichem Umfang ab. Die Folge für die Zulieferer, die in der Regel rund vier Fünftel ihres Umsatzes mit den großen Autoproduzenten realisieren: Ihre Fixkosten je Produktionseinheit steigen massiv, dadurch geraten sie in die Verlustzone, ohne dass sie für den Umsatzausfall von den Autokonzernen durch höhere Stückpreise oder eine Einmalzahlung kompensiert werden. Und das angesichts der Verteuerung der Rohstoffe, die, so die Position der Autohersteller, allein zu Lasten der Zulieferer gehen soll. Auch in diesem Fall weigern sie sich, den Zulieferern bei den Preisen entgegenzukommen. „In den Vorstandsetagen der mittelständischen Zulieferer liegen die Nerven blank“, beobachtet NAG-Geschäftsführer René Schumann. „Viele Zulieferer operieren bereits am Rande der Insolvenz.“ Die großen deutschen Autokonzerne fahren dagegen derzeit Umsatzrenditen auf Rekordniveau ein.

Weniger betroffen sind die großen Zulieferer wie Bosch, Continental oder ZF Friedrichshafen. Aufgrund ihrer Marktmacht können sie bessere Verträge mit den Autokonzernen aushandeln und sich gegen solche Risiken absichern. Aber je kleiner die Zulieferer sind und je geringer ihre Marktmacht ist, desto stärker diktieren ihnen VW, Daimler und BMW und andere OEMs ihre Bedingungen in die Verträge. Das sieht in der Regel so aus: Schon im Vorfeld der Verhandlungen schickt der Autokonzern seine Ingenieure zum Zulieferer, um dessen Stückkosten zu kalkulieren. Im Vertrag wird der Stückpreis dann so festgelegt, dass der Zulieferer damit eine maximale Gewinnspanne von beispielsweise sechs Prozent erzielt. Ist der Gewinn höher, muss er diesen zur Reduzierung des Teilepreises verwenden. Umgekehrt ist eine Kompensation des Zulieferers für Preissteigerungen bei Rohmaterialen oder Stückzahlreduzierung oft nicht vorgesehen. Im Gegenteil: In den Langfristverträgen über drei bis fünf Jahre werden die Zulieferer zu weiteren Preissenkungen verpflichtet. Über diese Einsparungen hinaus setzen die Autokonzerne zusätzlich Jahresendpreisverhandlungen an, um weitere Preissenkungen durchzusetzen. In diesen ungleichen Verträgen steht immer auch ein Passus, dass der Autokonzern jederzeit das Recht hat, nachzuverhandeln, wenn er das Gefühl hat, der Preis sei zu hoch. Umgekehrt gilt das nicht für den Zulieferer. Auffällig am eskalativen Vorgehen der Autokonzerne: Im Widerspruch zu ihren allgemeinen Bekenntnissen zu Nachhaltigkeit sind sie bei ihren Zulieferern in der Regel nicht bereit, für nachhaltig produzierte Produkte mehr zu zahlen.

Beim Druck auf die Zulieferer passen die Autokonzerne allerdings auf, dass sie nicht überziehen. Sobald einem Zulieferer tatsächlich die Insolvenz droht, sind sie zu Zugeständnissen in Form höherer Stückpreise oder von Einmalzahlungen bereit. Es sei denn, der Zulieferer ist leicht zu ersetzen. Denn für den Autokonzern kann die Insolvenz eines Zulieferers auch teuer werden, weil er dann einen anderen Zulieferer finden muss und dies Wechselkosten in Form von neuen Werkzeugen oder Produkttests verursacht. Fazit laut NAG-Geschäftsführer René Schumann: „Die großen Automobilhersteller drücken ihre Zulieferer derzeit maximal an die Wand. Sie geben erst nach, wenn der Zulieferer kurz vor der Pleite steht.“

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